Neue BKA-Einheit hat Gefährder ständig im Visier

Von Florian Flade
Im Kampf gegen den Terror: Laut WELT-Informationen soll das BKA eine neue Einheit bekommen, die sich ausschließlich mit den mehr als 680 islamistischen Gefährdern beschäftigen soll.

Um Islamisten noch genauer auf ihre Gefährlichkeit zu analysieren, entsteht im BKA eine neue Einheit. Diese soll Informationen zu Islamisten zentral überprüfen. Bislang erschwert der Föderalismus den Anti-Terror-Kampf.

Die Frage mag trivial klingen: Wie gefährlich ist ein Gefährder? Genau darüber aber macht sich die deutsche Terrorabwehr derzeit intensiv Gedanken. Es gibt schlichtweg zu viele gefährliche Islamisten, denen jederzeit ein schwerer Anschlag zugetraut wird. Mehr als 680 Gefährder zählen die Sicherheitsbehörden mittlerweile. Wer aber ist besonders gefährlich und muss daher umfangreich überwacht werden?

Die potenziellen Attentäter allesamt rund um die Uhr im Blick zu behalten gilt als unmöglich. Weder die Polizei noch der Verfassungsschutz verfügen dafür aktuell oder auch in naher Zukunft über ausreichend Personal. Es muss daher priorisiert werden. Und genau hier kann es zu folgenschweren Fehlern kommen. Wie etwa im Fall von Anis Amri. Der Tunesier wurde noch wenige Wochen vor seinem Anschlag auf den Weihnachtsmarkt am Berliner Breitscheidplatz nicht mehr als akutes Sicherheitsrisiko bewertet. Rückblickend eine fatale Prognose.

Um die Gefahr in Zukunft besser einschätzen zu können, justiert die Terrorabwehr nun ihre Instrumente neu. Bislang besprachen die Sicherheitsbehörden aus Bund und Ländern in den Sitzungen im Gemeinsamen Terrorismusabwehrzentrum (GTAZ) in Berlin vor allem „Gefährdungssachverhalte“, also geplante Anschläge oder Warnungen. Um Personen ging es dabei weniger. Das soll sich jetzt ändern.

Ein erster Schritt ist die Einführung von Radar-iTE, einem Bewertungssystem für islamistische Gefährder, das vom BKA und Psychologen der Universität Konstanz entwickelt wurde. Damit soll ein bundesweit einheitlicher Standard zur Risikoanalyse geschaffen werden. Von Hamburg bis München sollen radikale Islamisten mittels Radar-iTE nach gleichem Maßstab eingestuft werden.

Nun wird zusätzlich die Rolle des Bundeskriminalamtes (BKA) innerhalb der Terrorabwehr gestärkt. Nach Informationen der WELT wird im BKA-Standort in Berlin gerade ein neues Sachgebiet in der Abteilung Staatsschutz aufgebaut, das sich ausschließlich mit islamistischen Gefährdern beschäftigen soll. Die Einheit soll auf Grundlage der Radar-iTE-Bewertung die Extremisten noch tiefgreifender und umfassender bewerten. Zudem sollen die BKA-Experten anschließend Handlungsempfehlungen aussprechen und notfalls Telefonüberwachung oder Observationen in die Wege leiten.

„Flickenteppich“ im Anti-Terror-Kampf

Sowohl die Einstufung als auch die Überwachung der einzelnen Gefährder erfolgen bislang durch die Polizeibehörden in den Bundesländern. Das BKA hat folglich derzeit keine „eigenen“ Gefährder und ist den Landespolizeien gegenüber auch nicht weisungsbefugt. Genau hier aber wird es schwierig.

Denn die Polizeibehörden der Bundesländer arbeiten nach zum Teil sehr unterschiedlicher Gesetzeslage – insbesondere bei den präventiven Maßnahmen. In Bayern und Hessen beispielsweise darf das Telefon eines gefährlichen Islamisten zur Gefahrenabwehr abgehört werden. In Berlin und Nordrhein-Westfalen nicht.

„Wir brauchen keinen Flickenteppich bei der inneren Sicherheit“, fasste Bundesinnenminister Thomas de Maizière (CDU) die unterschiedliche Rechtslage bei der Innenministerkonferenz im Juni zusammen. Und forderte zugleich ein „Musterpolizeigesetz“, an dem sich die Bundesländer zukünftig orientieren sollten. Vor allem bei der Terrorismusabwehr. „Befugnislücken sind Sicherheitslücken“, so de Maizière.

Das Bewertungssystem Radar-iTE und die neue BKA-Einheit mit dem ständigen Blick auf die Gefährder sollen diese Sicherheitslücken zumindest vorerst schließen. Der Plan: Die Landeskriminalämter liefern regelmäßig die Radar-iTE-Auswertung zu den einzelnen Gefährdern an das BKA in Berlin, wo die Informationen zentral gespeichert, gesichtet und überprüft werden. So soll das Bundeskriminalamt einen ständigen, detaillierten Überblick über die gefährlichsten Extremisten der Bundesrepublik bekommen. Und im Ernstfall auch den Fall eines Terrorverdächtigen schneller übernehmen können.

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